Was könnten wir von unseren Altvorderen lernen?

  • Was könnten wir von unseren Altvorderen - die in der Zeit zwischen 1900 und 1960 lebten - lernen?
    In Zeiten großer Not, zweier Kriege und schwieriger Aufbauarbeit.
    Kaum wer hatte Lebensmittel gebunkert und sie überlebten obwohl sie kein Survival Set, keinen Spezialrucksack und kein 1000 Lummen Taschenlampe usw. hatten.
    Menschen auf der Flucht hatten vielfach nur einen Pappkoffer mit einigen persönlichen Dingen.
    Im Vergleich dazu sind wir Prepper ja "Ausrüstungskaiser".
    Können wir Vergleiche ziehen zwischen den Zeiten die schon waren, und jene die möglicherweise kommen
    fragt
    Grauer Wolf

  • Wird ein schwieriger Vergleich...
    Das Erste das sich grundlegend geändert hat ist der überwältigende Anteil an strombetriebenen Geräten heutzutage. Früher (also vor 1960) wurde fast alles im Haushalt händisch erledigt, da hatte man keinen Staubsauger, Waschmaschine, E-Herd, Geschirrspüler, strombetriebene Heizungen, es gab Kühlhäuser in den Gemeinden und viele hatten keinen eigenen Kühlschrank. Daher war es auch nicht so dramatisch, wenn es mal keinen Strom gab. Damals wurde auch mehr selbst versorgt als heute üblich.
    Ein weiterer Punkt ist, dass man heute viel anonymer lebt als damals. Da kannte jeder jeden, man kam vielleicht nicht immer miteinander aus, aber zusammengeholfen haben dennoch alle. Das würde in der Egoismuswelt von heute sicher nicht so leicht von der Hand gehen wie damals. Ich denke da an Hochhäuser in den Städten, wo sich nicht mal die Nachbarn beim Namen kennen.
    Das Zeitempfinden dürfte früher auch komplett anders gewesen sein. Kein Fernsehen, wenig Radio (wenn überhaupt), da musste man schon was mit sich anzufangen wissen (oder einfach früh schlafen gehen). Vor allem das Fehlen von "Dauerbespaßung", die wir heute so gewohnt sind würde zwangsläufig zum Problem werden. Bücher lesen wäre toll, aber wer hat heutzutage denn noch ausreichend Bücher zuhause? Früher war das auch in Ordnung, wenn man nicht ständig mit allen im Kontakt war, da ging man vielleicht einmal die Woche ins Wirtshaus um unter die Leute zu kommen, heute braucht man sich nur überlegen, wie vernetzt wir sind, zumindest die "Jugendlicheren", die sich dem Smartphone- und Internet-Zeitalter nicht verschlossen haben. Ständig erreichbar, ständig mit neuesten Nachrichten zugemüllt usw. Damals war eine Tageszeitung schon was tolles, die gabs aber eigentlich auch nur im Wirtshaus, Telefone hatte auch fast niemand zuhause, also war man unter sich und alles war im Vergleich zu heute "entschleunigt".
    Ich vermute mal, dass es für die damalige Bevölkerung gar nicht so ein großes Drama war, wie es für uns heute wäre, wenn der Strom weg ist. Heute wäre das eine echte ausgewachsene Katastrophe, aber damals wird sich für viele nichts geändert haben, mal von den Großstädten abgesehen, aber da lebten noch nicht soviele Menschen wie heute. Ein großer Unterschied ist halt, dass die Leute früher viel mehr selber machen mussten (und durften) als das heute möglich ist. Diesen "Wissenunterschied" versuchen wir ja ein wenig auszugleichen, indem wir uns damit beschäftigen, wie wir ohne den ganzen Zivilisationskram auskommen und uns fragen, wie unsere Groß- und Urgroßeltern durchs Leben gekommen sind. Ich hatte das Glück, neben dem Bauernhof meiner Urgroßeltern aufzuwachsen und habe von meinem "Opa" viel gelernt. Er war ein kleiner Zivilisationsverweigerer, hatte einen Ochsenkarren, machte auch fast alles ohne Strom oder Motoren und hatte auch die Geräte dafür daheim. Er ging auch bis zu seinem Tod mit 95 noch aufs Plumpsklo hinterm Stall, das Wasserclosett war nicht so das Seine. Er hatte sogar eine kleine Schmiede am Hof und hat halt alles selber gemacht, was an einem Hof so anfällt und ich hab interessiert bei allem zugeschaut und auch selber immer herumprobiert. War eine tolle Kindheit, aber heute gibts sowas einfach nicht mehr. Da tut sich doch keiner mehr an einen Baum mit der Handsäge zu fällen, da muss schon ein Fichtenmopped her und das Holz wird mit dem Spalter gehackt anstatt mit einer Axt. Dadurch hat halt auch fast niemand mehr die Gerätschaften von damals zuhause, geschweige denn, dass wer damit umgehen kann.
    Ich würde das mit den "Ausrüstungskaisern" etwas relativieren, da es für die Meisten um das Überleben in Kriesen geht und nicht ums ständige Leben in der vorindustriellen Zeit, in der wir bei längerer Zeit ohne Strom zweifelsohne wären.

    Danke für das Thema, war lustig, sich darüber Gedanken zu machen, vieleicht schreibt ja sonst auch noch wer was.

  • Die Gesellschaft hat sich im Vergleich zu den Jahren 1900-1960 extrem verändert.
    Selbst bei mir im Dorf kenne ich nur ein paar Familien die es im Falle eines Falles wirklich auch allein schaffen würden.
    Und das sind die, die aus alten Bauernfamilien abstammen.

    Ich bezweifle stark das sich Nachbar X der schon zum Reifenwechseln in die Werkstatt fährt weil er keinen Wagenheber hat und
    Nachbar Y der sich zum Laub rechen einen Gärtner kommen lässt weil er keinen Laubrechen und keine Lust hat, selbst versorgen können.
    Von der meisten Jugend ganz zu schweigen die schon ohne Telefon und Tablet Post-Traumatischen-Stress bekommt.

    In den Städten stelle ich es mir noch schlimmer vor.

    Zum Thema Ausrüstung:

    Dank meines Großvaters und meinem Vater hab ich viel praktisches gelernt.
    Mein Opa konnte sich erst jetzt, mit knapp 80 Jahren dazu durchringen einen Holzspalter zu kaufen.
    Bis zum letzten Winter haben wir immer mit Äxten und Beilen das Zeug klein gemacht. Alles Größere fiel schon lange der Motorsäge zum Opfer.
    Da nach dem Krieg nichts da war hat mein Urgroß-Opa und Opa zu sammeln angefangen und das haben mein Vater, mein Bruder und ich übernommen.
    Diese "man kann alles brauchen" Einstellung zeigt sich auch daran das für jedes Werkzeug mindestens 3 oder mehr Ersatz vorhanden ist.

    Mein Opa hats halt auf die harte Tour gelernt das man am besten immer alles auf Vorrat hat. Denn er hatte eben nichts.

    Besser haben und nicht brauchen, als brauchen und nicht haben.

  • Es hat sich nicht nur die Technik geändert, auch die Rahmenbedingungen (gesetzlich & moralisch) sind andere.

    Früher: Am Abend gibt es Grillhendl, darum wurde es in der Früh geschlachtet. Fertig.

    Heute: Um ein Tier zu schlachten brauchst du eine 2 jährige Ausbildung, Werkzeug nach DIN 4711, einen 2 x 2 m Raum bis zur Decke gefliest mit Fliesen der Abreibklasse 17a. Du musst sicherstellen das das Tier nicht leidet, es glücklich stirbt, am besten in vertrauter Umgebung und das du vorher seinen Namen tanzt ...

    Moralisch: Ih, wie kann mann ein Tier töten, kauf das Fleisch doch im Supermarkt. Aber nach veganer Erdbodenhaltung Stufe 4, gefüttert nur mit glücklichem Mais der von unterdrückten nordafrikanischen Frauen weich gestreichelt wurde.

    Was können wir von den Altvorderen lernen: "Net so anscheissen wegen jedem Dreck ..."

    Ich bin lieber auf etwas vorbereitet was nie passiert als nachher überrascht da zu stehen.

  • Ich persönlich habe eine Menge gelernt. Das wichtigste: Auch vor 200 Jahren, ohne der ganzen Technik, konnte man gut leben (nicht nur überleben). Heute ist es halt deutlich bequemer

    Ich bin lieber auf etwas vorbereitet was nie passiert als nachher überrascht da zu stehen.

  • Es hat sich nicht nur die Technik geändert, auch die Rahmenbedingungen (gesetzlich & moralisch) sind andere.

    Früher: Am Abend gibt es Grillhendl, darum wurde es in der Früh geschlachtet. Fertig.

    Heute: Um ein Tier zu schlachten brauchst du eine 2 jährige Ausbildung, Werkzeug nach DIN 4711, einen 2 x 2 m Raum bis zur Decke gefliest mit Fliesen der Abreibklasse 17a. Du musst sicherstellen das das Tier nicht leidet, es glücklich stirbt, am besten in vertrauter Umgebung und das du vorher seinen Namen tanzt ...

    schön geschrieben und genau deiner Meinung.


    Dazu würde ich noch anmerken, das wir - mein Vater hat die Hendl auch noch selbst geschlachtet - nachdem ich sie gefangen hatte -

    das wir mit Sicherheit noch mehr Respekt vor dem Leben eines Tieres haben, wie die wo immer schon nur ein Hähnchenfilet im Supermarkt kaufen.

    Uns war bewußt das der Hahn auf dem Tisch mal der Gickerl auf dem Misthaufen war.


    So verhält es sich mit vielen. Wir sind heute eine Wegwerfgesellschaft.

    Das was heute als upcycling in Mode gekommen ist, war früher doch normal.

    Es wurde alles verwendet bis der letzte Tropfen Nutzbarkeit rausgepresst war.

  • Was die Alten konnten, das werden wir im Fall der Fälle rasch wieder lernen - müssen. Improvisieren, mit weniger zufrieden sein (ein "Butterbrot belegt mit Daumen und Zeigefinger" war neben "mr bend au Schtompa zua (man bindet auch halbvolle Säcke zu)" die schwäbische Lebensmaxime, mit der ich im Nachkriegsdeutschland aufgewachsen bin, wenn es manchmal nicht genug zu essen gab. Ich bin 71, gehöre schon selbst zu den Altvorderen.:) Wurde Wäsche gewaschen (von Hand!), so wurde die Waschlauge noch verwendet, um den Boden aufzuwischen. Und Ich bin dankbar für diese Erfahrung, für jeden Handgriff, den ich von meinen Eltern lernen durfte. . Ressourcen wurden gespart, ganz ohne grüne Ideologie. Noch heute fällt es mir schwer, Verpackungsmaterial (Gläser, Dosen, Papiertüten) einfach so wegzuwerfen. Wir haben das Preppen von der Picke auf gelernt und ich fühle mich im Falle eines Blackouts z.B. daher besser vorbereitet als etliche der größte Teil der jüngeren Generationen.

    Ein Satz, den ich damals oft zu hören bekam, war der, dass die Leute in Notzeiten menschlicher würden. Ich hoffe, dass es so ist, aber ich habe meine Zweifel. Der Mensch hält viel mehr aus als man denkt. Aber er braucht eine Perspektive, dass es wieder besser wird. Das fehlt gerade in unserer Gesellschaft.

  • Wir hatten zwar keine Nutztiere bei mir zuhause, aber ich würde mir gerne gemeinsam mit meinem Lebensgefährten Hühner zulegen, sobald wir ein Haus gekauft oder gebaut haben (wird also noch dauern... 😂).

    Was ich von meinen Großeltern und Eltern gelernt habe (waren 3 Generationen in einem Haus) war das momentan soooo moderne "upcycling", den Gemüsegarten zu schätzen und zu lieben, und zu reparieren was möglich ist. Das gebe ich auch so gut wie möglich an unsere Kinder weiter, wenn wir dann welche haben (wird auch noch dauern... 😂)

    Ich finde die heutige Wegwerfgeselllschaft schlimm, sehe das leider immer wieder in der Firma und privat 😥

    Man muss noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden Stern gebären zu können. (F. Nitzsche)

  • Also, die "Altvorderen" in den 60er Jahren waren nicht unbedingt die Urmugel ..

    Was glaubt ihr denn, was 1960 los war? Die Steinzeit?


    Das Wirtschaftswunder war schon fast vorbei und der WWII 15 Jahre zu Ende.
    1960 war ich 16, ging ins Gymnasium und lebte in Wien in einem Altbau.
    Wir hatten Strom, fliessendes Wasser und sogar ein WC (brüll)!

    Einkaufen gingen wir in Geschäfte in der Umgebung und meine Eltern
    hatten einen Opel Olympia Rekord (den hätte ich heute gerne wieder :-)
    mit dem wir auf "Sommerfrische" ins Waldviertel fuhren.

    Auch ein Fernsehmöbel (elektrisch betrieben!) stand im Wohnzimmer.
    und das "Vierteltelefon" stellte die Kommunikation mit Freunden und Bekannten sicher ...

    Es gab Tonbandgeräte, Rock`n Roll, die Shadows, Elvis Presley, Brenda Lee und Conny Francis
    und in den Jugendklubs gab es Tanzparties und süße Mädchen.
    Mit einer bin ich seit 52 Jahren verheiratet ^^

    Leute, Eure Vorstellung von den 60er Jahren passen besser ins 19. Jhdt. >> 1860

    in diesem Sinne,
    Grüße eines Überlebenden der dunklen 1960er Jahre
    Harry
    :D

    mühsam nährt sich das Eichhörnchen ...


    Grüße aus Wien

    Heri

  • Es kommt, yankee , stark darauf an, wo du warst. In Wien ja, da wars so wie du es beschreibst, aber am Land, je weiter die nächste größere Stadt weg war, war es sicher "schlimmer", nicht wie nochmal 100 Jahre vorher, aber anders.

  • Es kommt, yankee , stark darauf an, wo du warst. In Wien ja, da wars so wie du es beschreibst, aber am Land, je weiter die nächste größere Stadt weg war, war es sicher "schlimmer", nicht wie nochmal 100 Jahre vorher, aber anders.

    Genauso ist es. Meine Eltern sind in den 60ern am Land aufgewachsen. Einfache Arbeiterfamilien. Da gab es auch öfter mal nichts zu essen außer Suppe und gekochte Erdäpfel.


    Und Klo war das Plumpsklo im Garten.

  • Die Generation 1900 BIS 60 (so war es, glaube ich, ursprünglich gemeint) hatte noch viel Wissen zum Thema "Alternativlösung". Etwas ist derzeit nicht aufzutreiben, wie ersetze ich es?

    Etwas ist kaputt, wie repariere ich es notdürftig, wie kann ich mir anders behelfen? Wie lassen sich Reste/Abfälle vielleicht noch sinnvoll verwerten?

    Erst vor ca. einem Jahr habe ich zB erstmals von "Wildhefe" gehört und wie einfach die herzustellen ist. Oder wie man aus Holzasche und Fett etwas Flüssigseifenähnliches herstellt...

    Es gäbe sooo viel zu wissen, oft sind es nur Kleinigkeiten, die irgendwann aber sehr nützlich sein könnten!

  • Ich denke das das Jahr in dem wir die Altvorderen betrachten weniger wichtig ist als das Geburtsjahr der Altvorderen. Ich kann mich noch gut dran erinnern wie meine Oma (Jahrgang 1916) Anfang der 80er Jahre mitten im Sommer die dicke Tuchent rausgeholh hat um das Essen darin fertigzukochen. Und Biomüll gab es bei ihr auch nicht da alles wieder in den Garten gewandert ist. Es gab auch keinen Papiermüll und kaum Restmüll da es einen Koksofen gab, aber das ist eine andere Sache :)

    Die Singertretnähmaschine aus den 30iger Jahren verwende ich noch, das Kohlebügeleisen steht in einer Virtrine, wäre aber noch voll funktionsfähig.

    Ich bin lieber auf etwas vorbereitet was nie passiert als nachher überrascht da zu stehen.

  • Ja, Don Pedro
    das war mitten im 1. Weltkrieg. Da stimme ich dir zu, das da einiges verinnerlicht wird.
    aber zwischen 1916 und 1960 liegen doch ein paar Tage :-)

    Hier wird aber von den 60er Jahren gesprochen, als ob das tiefstes Mittelalter wäre.
    Ich hoffe wir reden alle von Österreich ^^

    Das in Wien alles besser war, als am Land, fällt unter urban legends ...

    mühsam nährt sich das Eichhörnchen ...


    Grüße aus Wien

    Heri

  • Wäre es nicht angebracht für diese Thema einen oder mehrere Zeiträume festzulegen?

    Meine Altvorderen lebten in einer anderen Zeit als die Altvorderen der heut 30 jährigen.

    Bereiten wir uns nicht auf eine Zeit vor als es elektr. Licht noch nicht, oder kaum, gab?

    Wir bereiten uns aber auch auf eine Zeit vor wie es gegen Ende der beiden Weltkriege, und noch schlimmer in der Zeit danach war. als nichts zu essen gab.

    Für all dies Zeiträume gibt es auch Literatur wie Kriegskochbücher und Tatsachenberichte wie "Was Oma und Opa noch wussten".

    Aufschluss darüber gibt ja die vorhandene Bücherliste.

  • Das erste Auto gabs 1969, den schwarz/weiß Fernseher ein paar Jährchen später. Plumpsklo und Nachttopf waren angesagt.

    Erst mit Um/Anbau vom Haus ergab es sich 1978/79 das wir ein richtiges Klo bekommen haben.

    Dazu auch ein Bad plus Waschmaschine.

    Bis dahin nur ne alte elektrische Schleuder. Da war ich 10 Jahre alt.

    Vorher gab es nur warmes Wasser vom Holzofen. Waschen in der Küche mit der Schüssel.

    Telefon, herrje........... das war wohl auch so 80zig rum. Da war ich schon fast mit der Schule fertig.


    Wir hatten nur eine kleine Hofstelle. Mein Vater hatte kurz nach dem Krieg Probleme mit dem Bein, das später amputiert wurde.

    Da war nix mehr mit zusätzlich noch arbeiten gehen. Kriegsrente gabs auch keine...... Geld war also nie da.

    Ich war froh wenn ich passende Klamotten hatte.


    Wenn ich nun von Oma und Opa schreibe, dann gehört wohl dazu das die Ende des 18. Jahrhunderts geboren sind.

    Meine Eltern Anfang 19. Jahrhundert. Opa war im 1. Weltkrieg dabei, Mein Vater im 2. Weltkrieg. Ich bin 1969 Jahrgang.