Servus miteinander,
nachdem die Frage jetzt erst wieder in einem Thread aufkam, mal ein eigener Thread zu Thema Messer - Rechtliche Situation in Deutschland. Hier geht es in der Hauptsache nicht darum die einzeln Vorschriften haarklein aufzulisten. Es erfolgt keine Rechtsberatung oder rechtsverbindliche Beratung. Hier es um die Praxis des dt. WaffG, also wie es subjektiv, aus meiner Sicht, meistens verhält.
Hier ein Wiki-Auszug mit den harten Fakten:
Definition der Waffen
(Es ist zwischen Messern als Waffen und Messern als Werkzeuge zu unterscheiden. Messer als Werkzeuge sind generell erlaubt. Messer als Waffen fallen unter das Waffengesetz (WaffG) und sind je nach Typ entweder erlaubt oder verboten.)
„Waffen sind […] tragbare Gegenstände, die ihrem Wesen nach dazu bestimmt sind, die Angriffs- oder Abwehrfähigkeit von Menschen zu beseitigen oder herabzusetzen, insbesondere Hieb- und Stoßwaffen“. (§ 1 Abs. 2 WaffG)
Definition der Hieb- und Stoßwaffen
Hieb- und Stoßwaffen sind Waffen, „die ihrem Wesen nach dazu bestimmt sind, unter unmittelbarer Ausnutzung der Muskelkraft durch Hieb, Stoß, Stich, Schlag oder Wurf Verletzungen beizubringen“. (Anlage 1 Unterabschnitt 2 Nr. 1.1 WaffG)
Liste verbotener Messer
Der Umgang mit folgenden Messerarten ist in Deutschland verboten (Anlage 2 Abschnitt 1 Nr. 1.4.1–1.4.3 WaffG):
Faustmesser jeglicher Art,[31]
Seitspringmesser mit einer Klingenlänge von über 8,5 cm,
Balisong-Messer (Butterfly-Messer) jeglicher Art,
Frontspringmesser (OTF-Messer) jeglicher Art und
Fallmesser jeglicher Art sind verboten.
„Umgang mit einer Waffe oder Munition hat, wer diese erwirbt, besitzt, überlässt, führt, verbringt, mitnimmt, damit schießt, herstellt, bearbeitet, instand setzt oder damit Handel treibt.“ (§ 1 Abs. 3 WaffG)
Verbot des Führens bestimmter Messer
Es ist verboten, „Messer mit einhändig feststellbarer Klinge (Einhandmesser) oder feststehende Messer mit einer Klingenlänge über 12 cm“ zu führen. Ausnahmen sind zulässig, wenn ein berechtigtes Interesse vorliegt, wie beispielsweise Berufsausübung, Brauchtumspflege, Sport oder ein allgemein anerkannter Zweck. (§ 42a WaffG)
„Eine Waffe führt, wer die tatsächliche Gewalt darüber außerhalb der eigenen Wohnung, Geschäftsräume, des eigenen befriedeten Besitztums oder einer Schießstätte ausübt.“ (Anlage 1 Abschnitt 2 Nr. 4 WaffG)
Verbot von Waffen bei öffentlichen Veranstaltungen
„(1) Wer an öffentlichen Vergnügungen, Volksfesten, Sportveranstaltungen, Messen, Ausstellungen, Märkten oder ähnlichen öffentlichen Veranstaltungen teilnimmt, darf keine Waffen […] führen.
(2) Die zuständige Behörde kann allgemein oder für den Einzelfall Ausnahmen […] zulassen […].“ (§ 42 Abs. 1–2 WaffG)
Landesrechtliche Verbote zum Führen von Waffen (Waffenverbotszonen, wie z.B. auf der Hamburger Reeperbahn)
„Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung vorzusehen, dass das Führen von Waffen […] auf bestimmten öffentlichen Straßen, Wegen oder Plätzen allgemein oder im Einzelfall verboten oder beschränkt werden kann, soweit an dem jeweiligen Ort wiederholt
Straftaten unter Einsatz von Waffen oder
Raubdelikte, Körperverletzungsdelikte, Bedrohungen, Nötigungen, Sexualdelikte, Freiheitsberaubungen oder Straftaten gegen das Leben
begangen worden sind und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass auch künftig mit der Begehung solcher Straftaten zu rechnen ist.“ (§ 42 Abs. 5 WaffG)
Kurz zum Gesetz: Das dt. WaffG wurde in den letzten Jahren (politisch beabsichtigt, wie ich unterstelle) zunehmend schwammig formuliert. Die unbestritten notwendige rechtliche Flexibilität wurde in immer neuen Gummiparagraphen ("Kampfmesser", "allgemein anerkannter Zweck", der Begriff des Führens eines Messers, usw.) übertrieben, was die Rechtssicherheit des Bürgers zunehmend in Frage stellt.
Nun zur eigtl. spannendenPraxis mit meinen Erfahrungen
- vorneweg um das alles besser einordnen zu können: Ich wohne seit 20 Jahren auf dem Dorf, "Lebensmittelpunkt" ist aber die nächstgrößere mit ~20.000 Einwohnern samt kleiner Polizeiwache.
Können generell geführt werden, weder bei mir oder noch im Bekanntenkreis gab es je ein Problem mit den nicht-arretierbaren Schweizern. Nichtmal aus dem Internet sind mir Fälle bakannt wo das Probleme gab. Wahrscheinlich einzige Ausnahme von der Regel: Waffenverbotszonen, wie z.B. auf der Hamburger Reeperbahn, aber die sind gut ausgeschildert.
In der Regel ebenfalls unproblematisch. Ich trage einLeatherman Wingman
als EDC und bin erst neulich damit gut sichbar am Gürtel pritschenbreit vor einem Polizei-Beamten gestanden (Vater eines Kommilitonen), ohne dass dieser auch nur mit der Wimper gezuckt hat. Auch sonst wurde ich Alltag noch nie von jmd. darauf angesprochen. Und das obwohl sich das Messer bei vielen Multitools (auch meinem) einhändig (!) öffnen lässt. Hierzu gibt Auskünfte von seiten des BKA, dass das Multitools grundsätzlich als Werkzeuge anzusehen sind und das daher eine Ausnahme darstellt. Persönlich würde ich es von der Anlass abhängig machen: am Wochenende Abends/Nachts auf einer Partymeile oder am Flughafen/Bahnhof mit viel Bundespolizeiv eher nein, bei wandern, draußen, bei der Arbeit und allgemein "auf dem Land" ohne Bedenken.
Für die beiden folgenden Kategorien gilt (egal wie groß sie sind): Zusehen dass das Messer nicht-militärischen Ursprungs ist und am besten auch nicht so aussieht, andernfalls (z.B. Glockmesser, Bajonette allgemein) kann es alsKampfmesser
eingestuft werden, was manche Sheriff's wiederum gern als Grund hernehmen, das betreffende Messer einzuziehen (oder schlimmeres). Ob so eine polizeiliche Maßnahme vor Gericht bestand hätte, ist eine andere Frage, ärgerlich ist allemal und sich wegen einem Messer auf so ein Tamtam einzulassen ist auch nicht zu empfehlen. An dieser Stellle ein paarStichpunkte an denen sich die Beamten bei den Kontrollen orientieren
:
Zitat
- Tauglichkeit des Messers, um Verletzungen beizubringen
- gute Sticheigenschaften der Klingenform
- geringe Eignung als Schneidwerkzeug
- Beschaffenheit des Griffs geht über die eines üblichen Schneidwerkzeuges hinaus
- ausgeprägtes Parierelement
- waffentypisches Gesamterscheinungsbild, beurteilt auf dem Niveau eines waffenrechtlichen Laien
- Reflexionsschutz für Klinge oder Messer insgesamt
- waffentypische Hinweise des Herstellers
Quelle: BUNDESPOLIZEI kompakt, Ausgabe 3/2009, S. 43
Bis max. 12cm (Gesamte Klinge nicht nur der geschliffene Teil) sind gesetzlich völlig unproblematisch und beim wandern, draußen, bei der Arbeit wird sich daran niemand stören. Im urbanen Umfeld, gerade in der Fußgängerzone u.ä. aber nicht zu empfehlen, da so ein Trumm von Messer ja beinahe zwangsweise außen am Gürtel baumeln muss, was dann doch die Aufmerksamkeit der Passanten und Schupos erregen wird. In so einem Fall: ab damit in den Rucksack und gut is. Wer mit etwas längerem rumrennen will braucht "ein berechtigtes Interesse [...], wie beispielsweise Berufsausübung, Brauchtumspflege, Sport oder ein allgemein anerkannter Zweck" und muss hoffen das der betreffende Polizist diesen auch anerkennt. Es gilt: martialisch Aussehen möglichst vermeiden.
Hier gibt es kurioserweise keine Größenbeschränkung. Also auch Messer über den für feststehende Messer erlaubten 12cm sind nach dem Gesetz zum führen erlaubt, solange sie nur klappbar sind. Auch hier gilt aber: martialisch Aussehen möglichst vermeiden.
Andere Erfahrungen/Einschätzungen mit der dt. Exekutive sind gern gesehen!
Gruß
Exocet