Tutorial: Analoge Navigation - Norden

  • 2 Norden, was ist das eigentlich genau?

    Fast jedes Kind weiß etwas mit den Begriffen Nord- und Südpol anzufangen und in dem Zusammenhang auch, dass der Norden eine ganz bestimmte Richtung ist. Spätestens in der Grundschule werden die grundlegenden Eigenschaften magnetischer Felder gelehrt. So ist den meisten von uns frühzeitig klar, dass die Erde von so einem Feld umgeben ist.

    Prinzipiell spielt es keine Rolle, ob man den Norden oder den Süden herannimmt um Richtung, Position oder Geschwindigkeit zu messen. Beide repräsentieren einfach nur Referenzpunkte um einen festen Bezug zu erhalten. Allerdings hat sich alles gegen den Süden verschworen, und so werden viele Berechnungen mit Kompass und Karte eben zum nördlichen Referenzpunkt in Bezug gesetzt. Der Nordpol womöglich deswegen, weil die Grundlagen dazu wahrscheinlich in Europa, oder aber doch zumindest in der nördlichen Hemisphäre (Orient, China, etc.), erarbeitet wurden und uns der Nordpol einfach näher ist als der Südpol?

    Auch wenn dieses Feld für das menschliche Auge unsichtbar ist, hat es doch bestimmte Eigenschaften, die sich zum Einen beweisen lassen (logischerweise ist hier keine Magie im Spiel) und zum Anderen für bestimmte Vorgänge und Techniken genutzt werden können. So wissen die allermeisten Menschen (nehme ich an), dass eine magnetisierte Nadel sich am Erdmagnetfeld ausrichtet. Und zwar parallel zu den Feldlinien, die durch den magnetischen Nord- und Südpol gehen.

    [[File:dipol.png|none|fullsize]]
    Quelle: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/c.../Magnet0873.png

    Wir sprechen hier übrigens über einen magnetischen Dipol. Der eine Pol wird Norden, der andere Süden genannt. Es soll Wissenschaftler gegeben haben, die versuchten einen Monopol (also nur Norden oder Süden) zu erschaffen. Bisher ist das nicht gelungen. Denn: Trennt man einen Magneten in zwei Teile erhält man mitnichten einen nördlichen und einen südlichen Pol. Es entsteht ein neuer Dipol. Und das bisher sehr verlässlich.


    2.1 Die drei Komponenten des Erdmagnetfeldes

    Leider aber bildet sich das Erdmagnetfeld nicht nur aus zwei Polen, die exakt am geographischen Nord- und Südpol existieren. Dieses Wissen ist notwendig, um Messergebnisse bewerten und korrigieren zu können.


    2.1.1 Der äußere Erdkern

    Die wichtigste Komponente, zumindest in Oberflächennähe, ist der flüssige äußere Erdkern. Diesen finden wir in einer Tiefe von ca. 2.900 bis ca. 5.150 Km. Der äußere Erdkern besteht hauptsächlich aus Metall und wird auch der Geodynamo genannt. Da flüssig, unterliegt er zeitlichen Veränderungen. Diese Veränderungen führen dazu, dass der Dipol langsam wandert und sich der Nordpol eben nicht exakt im geographischen Norden befindet. In Extremfällen kann es sogar vorkommen, dass sich Nord- und Südpol umkehren, es also zu Polsprüngen kommt. Dann ist Norden dort, wo nach menschlichem Verständnis eigentlich Süden sein sollte.

    Zurzeit befindet sich der Nordpol in einer aus der DACH-Sicht günstigen Position mit nur wenigen Grad Abweichung zum geographischen Nordpol.

    Diese Karte z.B. zeigt, wie der magnetische Nordpol zwischen 2008 und 2013 wanderte:

    [[File:nordpol-wanderung.png|none|fullsize]]
    Quelle: https://tools.wmflabs.org/osm4wiki/cgi-b...ticle%3DNordpol

    Übrigens: Es gibt unterschiedliche Definitionen für den magnetischen Nordpol. Aber das würde hier etwas zu weit führen und spielt für uns auch keine essentielle Rolle. Später ist im Wesentlichen sowieso nur die Abweichung zum geographisch Nordpol relevant.


    2.1.2 Ionosphäre und Magnetosphäre

    Jeder Funker hat seinen Schaff damit, und fast jeder kennt die Polarlichter und ist fasziniert davon. Verursacht werden sie durch das ebenfalls magnetische Sonnenplasma, das uns permanent entgegen geschleudert wird. Ohne die Magnetosphäre wären wir dem schutzlos ausgeliefert.

    Auch wenn es auf der Erdoberfläche das Magnetfeld nur sehr wenig beeinflusst, spielt es dort oben doch eine große Rolle. Man stelle sich vor, in etwa 100.000 Km Höhe mit dem Kompass navigieren zu müssen. Das Magnetfeld wird extrem durch das Sonnenplasma deformiert. Und dies nicht in immer gleichem Maße, sondern in Anhängigkeit zur Intensität der Sonnenaktivität.

    Zwar existieren auch dort Nord- und Südpol, allerdings sind die Feldlinien mal mehr, mal weniger verzerrt. Um hier Abweichungen berechnen zu können benötigt man dann schon eine erhebliche Menge an Daten und wahrscheinlich auch einen kleinen Taschenrechner. ;-)

    [[File:magnetosphäre.png|none|fullsize]]
    Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Erdmagnetf...e_rendition.jpg


    2.1.3 Geomagnetik

    Das, was dort oben im Weltall passiert, passiert auch hier unten bei uns. Allerdings nicht verursacht durch das Sonnenplasma, sondern durch geologische Gegebenheiten in der äußeren Erdkruste. Das ist die Erdoberfläche auf der wir leben. Teilweise sind dies Anlagerungen (z.B. Erze die in Vergangenheit magnetisiert wurden => Remanenzmagnetismus) die teilweise vor mehreren Milliarden Jahren eine völlig andere Magnetisierung erfahren haben und die Feldlinien des Erdmagnetfeldes in Oberflächennähe partiell sehr stark beeinflussen.

    Die Ortsmissweisung weltweit aus dem Jahre 2010 (Isogenenkarte):

    [[File:isogenen.png|none|fullsize]]
    Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Deklinatio...tion_D_2010.png

    Je nachdem also wo man sich aufhält, beträgt die Missweisung also bin zu 40° zum "normalen" Erdmagnetfeld. Es ist also logisch, dass diese Information sehr wichtig ist, um die Messwerte eines Kompasses korrekt beurteilen zu können. Wie man aber auch sehen kann, verlaufen die Linien hier in Europa mit relativ wenig Missweisung. In DACH beträgt sie zwischen 2° und 4°.


    2.2 Inklination und Deklination

    Diese beiden Begriffe werden auch später immer wieder mal benutzt werden. Daher ist es wichtig zu wissen, was genau dahinter steckt.

    Bei der Deklination handelt es sich um die horizontale Ausprägung, oder auch Kraft, des Erdmagnetfeldes. Wie wir jetzt wissen, ist dies unsere wichtigste, aber leider auch nicht ganz zuverlässige, Informationsquelle um Norden zu bestimmen.

    Der Begriff Deklination wird im Weiteren auch immer wieder mit dem Begriff Abweichung gleichgesetzt.

    Die Inklination ist die vertikale Ausprägung des Erdmagnetfeldes. Die Feldlinien sind gebogen und stehen somit je nach Position in unterschiedlichen Winkeln in Relation zur Erdoberfläche. An den magnetischen Polen beträgt dieser Winkel 90°, in der DACH-Region sind es zwischen 62° und 70°.


    [[File:inklination.png|none|fullsize]]
    Quelle: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/5/5f/Earth's_magnetic_field%2C_schematic.png

    Zwar ist auch die Inklination nicht immer optimal und lokal teilweise sehr unterschiedlich, allerdings spielt dies für die Navigation keine Rolle. Die Inklination muss lediglich beim Kauf eines Kompasses berücksichtigt werden.

    Theoretisch also könnte man anhand des Inklinationswinkels den Breitengrad ermitteln auf dem man sich gerade aufhält.


    Mein erster "sinnvoller" Beitrag hier. Ich hoffe, es ist so rein formal alles ok damit. ;-)

    Das war es mit Kapitel 2. Fortsetzung folgt...

    Edit: Leider kann man Beiträge nur einen sehr kurzen Zeitraum korrigieren... :-( Also hier noch eine Anmerkung: Alle Bilder und Fotos sind entweder Creative Commons mit Quellangabe, oder das Urheberrecht liegt bei mir.

  • Geschätzte Prepper-Gemeinde,

    hallo Lord Helmchen,


    vorab vielen Dank für Deinen Beitrag zu diesem wirklich wichtigen und beinahe vernachlässigtem Thema Navigation, Kompass, Karte.


    Ergänzende Bemerkungen zu Punkt 2.2 Inklination und Deklination


    Inklination:

    Für die Benutzung eines Kompasses auf der Südhemisphäre kann oft ein normaler Kompass, welcher hier gekauft wurde und so gut wie immer für die Nordhemisphäre gebaut ist, nicht benutzt werden. Missweisungen ergeben sich dadurch, dass die Magnetnadelaufhängung sowie das Kompassgehäuse in ihrer Konstruktion ungeeignet sind und die Kompassnadel sich nicht frei ausrichten kann. Zum Beispiel bietet die Firma Recta-Kompass spezielle Konstruktionen für die Benutzung eines Kompass auf der Südhemisphäre an.


    Tipp: Aufgrund der sinkenden Nachfrage wegen der Zunahme an elektronischer Navigation sollte man sich die Geräte kaufen solange diese noch produziert werden! Präzisionshöhenmesser der Firma Thommen werden zum Beispiel nicht mehr produziert.

    http://www.recta.ch/de/deklination-und-inklination



    Deklination:

    Aus unterschiedlichen geologischen Gründen bleibt die Deklination, also die Abweichung zwischen magnetischen und geographischen Nordpol, nicht statisch. Für exakte und punktgenaue Navigation, meist nur militärisch notwendig, sollten also rechtzeitig für die entsprechenden Regionen so genannte Isogonenkarten vorbereitet werden. Für Normalbenutzer wie zum Beispiel Wanderungen ist diese Genauigkeit aufgrund der eher kurzen Strecken und der daraus folgenden Missweisung vernachlässigbar.


    Tipp: Solange Computer und Internet funktionieren sollte man sich für die entsprechenden Gebiete Isogonenkarten vorbereiten. Bei höherwertigen Kompassen kann der Winkel der Missweisung entsprechend eingestellt werden (Verstellung der Skala) und der Kompass somit normal benutzt werden.