Bericht: Oft wenig Eigenvorsorge für Katastrophen

  • Vielleicht kann ich ein wenig Insiderwissen beitragen. Muss allerdings sagen, dass ich nicht beim Netz direkt arbeite, sondern im Stromvertrieb. Aber ein bisschen Einsicht habe ich trotzdem...

    Bei uns ist es schon so, dass wir ein eigenes Lager haben, um auch im Katastrophenfall (großflächiger Windwurf, wie zuletzt heuer im Frühsommer) Reparaturen durchführen zu können sowie den Netzausbau am Laufen zu halten. Das beinhaltet auch, dass von jeder gängigen Trafoart (bis hin zum 2.500 MVA-Trafo) Ersatzgeräte auf Lager liegen. Dazu kommmen fahrbare Dieselaggregate (bis zu 500 MVA) u.ä..

    Klar sind wir weit davon entfernt, das Netz aus dem Stegreif vollständig wieder aufbauen zu können. Allerdings fällt mir (abgesehen von vll. einer Atombombe) auch kein Szenario ein, wo das notwendig sein kann.
    Bei einem weitläufigen Stromausfall kann und wird man wie beschrieben beginnen, Inseln aufzubauen und das Netz schrittweise (durch Hinzunehmen von Erzeugung und Lasten) zu erweitern. Klar kann das bedeuten, dass - je nach Auslöseereignis - manche Gebiete wochen- wenn nicht sogar monatelang keinen Strom haben (z.B. bei einem massiven koordinierten landesweiten Sabotageakt; Das halte ich aber für eines der am wenigsten wahrscheinlichen Szenarien*)). Man wird die vorhandenen/einsatzfähigen Ressourcen so einsetzen, dass sie den maximalen Nutzen bringen (also zuerst kritische Infrastruktur inkl. Krankenhäuser, Großbäckereien und andere Lebensmittelbetriebe, Verteilzentren, ... ans Netz, dann kommt die Bevölkerung, und zum Schluss erst nichtkritische Industriebetriebe).

    *) Hier muss ich noch einschränken: Welchen Schaden ein Carrington-Event auf die moderne Infrastruktur hätte, kann ich nicht einschätzen. Die Aussagen dazu gehen ja sehr weit auseinander. Sollten allerdings wirklich massive Trafobrände die Folge sein, wäre das ein Super-SHTF.
    Allerdings - das ist das Gute daran - hat man ja mittlerweile etwa einen Tag Vorwarnzeit, um die Netze zu schützen und zumindest Schadensbegrenzung zu betreiben. Ob und inwieweit so etwas allerdings wirklich gemacht wird, kann niemand vorhersagen. Ist halt die Frage, ob der Techniker oder der Kaufmann das letzte Wort haben...

    There is no such thing as too much backup!

  • Zitat von Bardo Thodol im Beitrag #21
    Vielleicht kann ich ein wenig Insiderwissen beitragen. Muss allerdings sagen, dass ich nicht beim Netz direkt arbeite, sondern im Stromvertrieb. Aber ein bisschen Einsicht habe ich trotzdem...

    Das beinhaltet auch, dass von jeder gängigen Trafoart (bis hin zum 2.500 MVA-Trafo) Ersatzgeräte auf Lager liegen. Dazu kommmen fahrbare Dieselaggregate (bis zu 500 MVA) u.ä..



    Hallo Bardo,

    im Vertrieb sind die Zahlen immer etwas größer, oder?

    500 MVA ist ca. die Hälfte eines durchschnittlichen Atomkraftwerk-Blocks. Und das fahrbar? Ich glaube, du hast kVA gemeint. /Klugsch***modus aus/

    Wir haben auch pro Landkreis ein Aggregat mit 500 kVA und zwei mit 86 kVA. Und das wohlgemerkt für ca. 800 Ortsnetz-Trafostationen.