EU baut Katastrophenschutz aus

  • Katastrophenschutz innerhalb und außerhalb der Europäischen Union. Das „Katastrophenschutzverfahren der EU“ und das „Sendai Framework for Disaster Risk Reduction“

    Gestern wurde eine Einigung erzielt und nuss nun noch vom EU Parlament und dem Ministerrat förmlich angenommen werden.

    Hier das wichtigste :

    Bedenkt man, dass allein in den drei Jahren von 2012 bis 2014 weltweit insgesamt 994 Katastrophen mehr als 326 Mio. Menschen betroffen haben, [1] wobei die Beseitigung der Schäden jährlich an die 100 Mrd. $ gekostet hat, [2] dann kann man ermessen, welche Bedeutung einer zivilen Krisenbewältigung in Form des Katastrophenschutzes zukommt. Obwohl der Katastrophenschutz vordringlich in Händen der betroffenen Staaten liegt, bedarf es der Mithilfe vieler nationaler und internationaler Einrichtungen, um die überaus komplexen Probleme der Krisenprävention und -beseitigung wenigstens annähernd zu lösen. Auf der universellen Ebene bemühen sich dabei vor allem die Vereinten Nationen, auf der regionalen Ebene hat die Europäische Union das ambitionierteste Katastrophenschutzverfahren eingerichtet, das zwischen 2010 und 2014 in mehr als 80 Krisenfällen weltweit zum Einsatz kam. [3] Nachstehend sollen die beiden wichtigsten Krisenbewältigungsverfahren kurz dargestellt werden.



    Katastrophenschutz als neuer primärrechtlicher Politikbereich in der EU

    Im Rahmen der zivilen Krisenbewältigung in der EU nimmt der Katastrophenschutz eine markante Position ein, die durch den Vertrag von Lissabon erstmals als neuer Politikbereich ausgestaltet wurde. So fördert die Union die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten, um die Systeme zur Verhütung von Naturkatastrophen oder von vom Menschen verursachten Katastrophen und zum Schutz vor solchen Katastrophen wirksamer zu gestalten (Art. 196 Abs. 1 AEUV).

    Die Tätigkeit der Union verfolgt dabei vor allem drei Ziele:
    •a) Unterstützung und Ergänzung der Tätigkeit der Mitgliedstaaten auf nationaler, regionaler und kommunaler Ebene im Hinblick auf die Risikoprävention;
    •b) Förderung einer schnellen und effizienten Zusammenarbeit in der Union zwischen den einzelstaatlichen Katastrophenschutzstellen;
    •c) Verbesserung der Kohärenz der Katastrophenschutzmaßnahmen auf internationaler Ebene (Abs. 2).

    Was genau unter einer „Katastrophe“ zu verstehen ist, ist primärrechtlich nicht definiert und dementsprechend der weiteren sekundärrechtlichen Ausgestaltung vorbehalten.

    Gem. Art. 6 lit. f) AEUV fällt der Katastrophenschutz unter die Durchführung von Maßnahmen der Union zur Unterstützung, Koordinierung oder Ergänzung der mitgliedstaatlichen Maßnahmen, sodass die Ausübung dieser Politik – auch unter Beachtung des Subsidiaritätsprinzips gem. Art. 2 Abs. 5 UAbs. 1 AEUV – lediglich dann in Betracht kommt, wenn die Mitgliedstaaten mit der Bewältigung der Katastrophensituation überfordert sind. Die Union darf daher keinen eigenen, von den Entscheidungen der Mitgliedstaaten unabhängigen, Katastrophenschutz betreiben, sondern nur unterstützend, koordinierend und ergänzend dazu tätig werden.

    Diesbezüglich erlassen das Europäische Parlament und der Rat, unter Ausschluss jeglicher Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten, gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren die erforderlichen Maßnahmen (Art. 196 Abs. 3).

    Daneben fordert die sog. „Solidaritätsklausel“ des Art. 222 AEUV ein solidarisches Vorgehen sowohl der Union, als auch ihrer Mitgliedstaaten für den Fall, dass ein Mitgliedstaat von einer Naturkatastrophe oder einer vom Menschen verursachten Katastrophe betroffen ist. In diesem Fall mobilisiert die Union alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel, einschließlich der ihr von den Mitgliedstaaten bereitgestellten militärischen Mittel, um einen Mitgliedstaat auf Ersuchen seiner politischen Organe innerhalb seines Hoheitsgebiets zu unterstützen (Abs. 1 lit. b). Dieselbe Verpflichtung trifft auch die anderen Mitgliedstaaten, die sich zu diesem Zweck im Rat absprechen (Abs. 2).

    Die Einzelheiten über die Anwendung der „Solidaritätsklausel“ durch die Union werden durch einen Ratsbeschluss festgelegt, den dieser aufgrund eines gemeinsamen Vorschlags der Kommission und des Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik erlässt. Hat dieser Beschluss Auswirkungen im Bereich der Verteidigung, so beschließt der Rat nach Art. 31 Abs. 1 EUV und unterrichtet davon das Europäische Parlament. Dabei wird der Rat sowohl vom „Politischen und Sicherheitspolitischen Komitee“ (PSK) als auch vom ständigen Ausschuss im Rat (Art. 71 AEUV) unterstützt (Abs. 3).

    Sekundärrechtliche Ausgestaltung des Katastrophenschutzes

    Konkret wurde erstmals durch die Entschließung des Rates und der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten vom 8. Juli 1991 zur Verbesserung der gegenseitigen Hilfeleistung zwischen Mitgliedstaaten bei natur- oder technologiebedingten Katastrophen [4] ein solidarisches Verhalten in Katastrophenfällen eingemahnt. 1998 übernahm die Europäische Gemeinschaft auch das Übereinkommen über die grenzüberschreitenden Auswirkungen von Industrieunfällen der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa (VN/ECE). [5] Zur ersten umfassenden Ausgestaltung auf sekundärrechtlicher Ebene kam es dann durch die Entscheidung 2001/792/EG, Euratom des Rates vom 23. Oktober 2001 [6], die ein Gemeinschaftsverfahren zur Förderung einer verstärkten Zusammenarbeit bei Katastrophenschutzeinsätzen einrichtete.

    Da es zwischenzeitlich zu einem deutlichen Anstieg der Häufigkeit und Schwere von Naturkatastrophen sowie von Menschen verursachter Katastrophen kam, die den massenhaften Verlust von Menschenleben und Sachwerten, einschließlich Kulturgütern, die Zerstörung wirtschaftlicher und sozialer Infrastrukturen sowie Umweltschäden zur Folge hatten, kam es zu einer Neufassung der Entscheidung 2001/792/EG, Euratom durch die Entscheidung 2007/779/EG, Euratom des Rates vom 8. November 2007 über ein Gemeinschaftsverfahren für den Katastrophenschutz, [7] durch das ein Verfahren zur Förderung einer verstärkten Zusammenarbeit zwischen der Gemeinschaft und den Mitgliedstaaten bei Katastrophenschutzeinsätzen in schweren Notfällen oder unmittelbar drohenden schweren Notfällen eingerichtet wurde. Die Finanzierung dieses Verfahrens wurde durch die Entscheidung 2007/162/EG, Euratom des Rates [8] sichergestellt, mit der ein Finanzierungsinstrument für den Katastrophenschutz – gem. Art. 16 mit einer Geltungsdauer von Anfang Jänner 2007 bis Ende Dezember 2013 – eingerichtet wurde, gemäß dessen die finanzielle Unterstützung entweder in Form von Zuschüssen oder öffentlichen Beschaffungsaufträgen gem. der Haushaltsordnung erfolgen konnte (Art. 6 Abs. 2).

    Den vorläufigen Abschluss dieser Bemühungen stellt der Beschluss Nr. 1313/2013/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über ein Katastrophenschutzverfahren der Union [9] dar, der das bisherige Gemeinschaftsverfahren in ein Katastrophenschutzverfahren der Union umgewandelt hat, das mit 1. Januar 2014 in Kraft getreten ist und die Periode von 2014-2020 umfasst. Gem. Art. 19 des Beschlusses steht für die Finanzierung des Katastrophenschutzverfahrens der Union in dieser Periode ein Finanzrahmen von 368,4 Mio. Euro zur Verfügung.

    Das Katastrophenschutzverfahren sollte außerdem bei der Umsetzung der vorerwähnten „Solidaritätsklausel“ des Art. 222 AEUV eine wichtige Rolle spielen, indem dessen Ressourcen und Kapazitäten, je nach Erfordernis, zur Verfügung gestellt werden. [10] Ebenso kann das Katastrophenschutzverfahren auch für die Katastrophenschutzhilfe im Rahmen der konsularischen Protektion für Unionsbürger bei Katastrophen in Drittländern angewendet werden, sofern die konsularischen Behörden der betroffenen Mitgliedstaaten darum ersuchen. [11]

    Seit Juli 2016 findet dieses Verfahren gem. Art. 28 des Beschlusses Nr. 1313/2013/EU nicht nur auf die 28 Mitgliedstaaten der Union, sondern auch auf die drei EFTA-Mitgliedstaaten des EWR, die Beitrittsländer, die Kandidatenländer sowie die potenziellen Kandidatenländer, Anwendung, sodass dieses auch für Island, Montenegro, Norwegen, Serbien, die FYROM [12] und die Türkei gilt. Der Mechanismus kann aber auch auf Ersuchen der Vereinten Nationen und deren Untereinheiten sowie von anderen internationalen Organisationen aktiviert werden.

    Seit Jänner 2014 gelten damit, wie vorstehend erwähnt, neue Rechtsvorschriften für den Katastrophenschutz, die den Rahmen für eine engere Zusammenarbeit bei der Katastrophenvorbeugung, der Risikobewertung und der Notfallvorsorge und -planung –einschließlich regelmäßigerer gemeinsamer Schulungen und Übungen für europäische Katastrophenschutzteams bilden.


    Rest bei dieser Quelle :
    http://www.eu-infothek.com/katastrophens...risk-reduction/

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