• Gedanken über die Kochkiste

    Diese Geschichte begann im Bett. Während der Erntezeit, als es noch keine Erntemaschinen gab, mussten alle Menschen die am Bauernhof lebten, schon zeitig aufs Feld. Wenn keine „Ahnl“, die das Mittagessen kochte, im Haus blieb, hätte es nach Rückkehr vom Feld noch nichts zu essen gegeben.
    Daher wurde in der Früh das Mittagessen in einem Topf „angekocht“, danach der heiße Topf in das Bett gestellt und mit der Tuchent fest zugedeckt (isoliert) und der Garprozess setzte sich, ohne beaufsichtigt zu werden, fort. Wenn dann die Menschen hungrig vom Feld zurück kamen war bereits gekocht.
    Es ging dabei nicht um Energiesparen sondern um „Zeitsparen“.

    In kargen Zeiten, ungefähr ab 1900, wurde dieses System auch von den Familien der Arbeiter übernommen. Der Grund dafür war um Energie zu sparen.
    Kartons wurden mit Holzwolle, Tüchern u.a. Isoliermaterial gefüllt und darin der heiße Topf gestellt. Zum Ankochen brauchte man nur ca. 1/3 der Kochzeit und somit nur 1/3 der Energie für die Essenszubereitung.
    Nach und nach wurden die „Kochkisten“ verbessert und aus Holz gefertigt und wurden auch schon in der „Frankfurter Küche“ eingebaut.
    In Zeiten steigenden Wohlstandes verlor die Kochkiste an Bedeutung und erst in Kriegs- und Nachkriegszeiten erinnerte man sich wieder daran. Danach geriet die Kochkiste wieder in Vergessenheit um seit einigen Jahren wieder aus der Versenkung aufzutauchen denn:
    es kann die Arbeit der berufstätigen Hausfrau erleichtern. Wird der Topf in der Früh angekocht, können die Kinder wenn sie von der Schule nachhause kommen, ein fertiges Tellergericht vorfinden. Aber auch die nichtberufstätige Hausfrau kann andere Arbeiten und Wege erledigen während die gefahrlose Essenszubereitung in der geschützten Kiste erfolgt.
    Dazu kommt noch, dass es alternativ, schick und was weiß ich noch sein kann, energiesparend zu kochen.
    Die neuesten Kochkisten, wunderschöne Tischlerarbeiten, können sich ja auch sehen lassen und sind ein Schmuckstück in der Küche.
    Es ist aber nicht von der Hand zu weisen, das wir wieder einmal energiesparend kochen müssen.
    Dann wird eben am Campingkocher oder am Lagerfeuer im Garten „angekocht“ und den Rest des Kochvorganges erledigt die „Kiste“.
    Dabei spielt es keine Rolle ob die Kiste in gut durchlüfteten Räumen (zerbrochene Fensterscheiben usw) oder in gut isolierten Räumen (mit wenig Luftaustausch), in Kellern (Schutzraum) steht. Und vielleicht ist es auch von Vorteil wenn Menschen, die mir nicht wohlgesinnt sind, nicht „riechen“ können dass ich im Besitz einer warmen Mahlzeit bin.

    Es könnte auch wieder eine Zeit kommen wo uns Lebensmittel nicht im Überfluss zur Verfügung stehen (geschlossene Geschäfte, Nachschubprobleme usw) und wir auf regionale Produkte angewiesen sein werden. Aber – wie schon vor hundert Jahren – eignen sich diese Nahrungsmittel besonders gut für die Kochkiste.
    Und nun noch ein abschließender Gedanke:
    Sollte es einmal einen mehrtägigen Stromausfall geben, in der Folge davon das Tiefkühlfach und/oder der Kühlschrank leer sein und noch keine Kochkiste zur Verfügung stehen, kann der Kühlschrank, der ja bestens isoliert ist, zur Kochkiste umfunktioniert werden. Dabei ist darauf zu achten, dass der heiße Topf nicht an den Kunststoffteilen des Gerätes anliegt und die Freiräume mit Tüchern ausgefüllt werden.
    So wie begonnen, könnte die Geschichte aber auch wieder im Bett enden.

    LG Grauer Wolf


    Tags: Kochkiste, Kiste, kochen in der Kiste, Garmethoden, kochen, garen, energiesparend kochen, Essenszubereitung, Kühlbox, Garprozess

  • Ein sehr interessantes Thema. Obwohl ich am Land aufgewachsen bin, habe ich von einer Kochkiste noch nie etwas gehört.

    Wahrscheinlich, weil Holz immer im Überfluss zur Verfügung stand und teilweise auch Gesinde vorhanden war.

  • Eieiei...das interessiert mich auch mächtig. Habe noch nie was von der Kochkiste gehört. Meine Mutter meinte eben, klar hatten wir nach dem Krieg.

    Das Einzige, das man sich jederzeit nehmen darf, ohne danach sitzen zu müssen, ist Platz. (Heinz Erhardt)

  • Hm...sieht praktisch aus Grimm, allerdings doch etwas teuer. Werde da mal meinen Lieblingstischler interviewen ob er mir mal eine kleine Version bauen kann.

    Das Einzige, das man sich jederzeit nehmen darf, ohne danach sitzen zu müssen, ist Platz. (Heinz Erhardt)

  • Sehr guter Artikel grauer Wolf!

    Ergänzen könnte ich das die Gerichte, speziell Braten, sehr wohlschmeckend werden da es sich dabei eigentlich um die Ursprungsform des modernen Niedertemperaturgarens handelt.
    Ich kenne sie in der altmodischen Form von meiner Urli, die moderne Methode wende ich selbst sehr gerne an.

  • Ich bin überrascht, von so einem Teil hatte ich noch nie was gehört. Wobei die Idee eigentlich total simpel ist - im Nachinein betrachtet.

    Ich bin lieber auf etwas vorbereitet was nie passiert als nachher überrascht da zu stehen.

  • Ich denke man kann sich das Ding leicht selber bauen, ne Holzkiste mit Isolierung, wo der gewünschte Topf hineinpasst, mehr ist das nicht.


    All good medicine - Capt J Reynolds

    Wer will findet Wege, wer nicht will findet Gründe. (Sprichwort der Apachen)


    Es gibt viele Wege zum Ziel. (Sprichwort der Apachen)

  • @Grimm natürlich nicht in dieser Ausführung. Aber es sollte auch in einer Holzkiste, die man gut isoliert genauso klappen denke ich.

    Das Einzige, das man sich jederzeit nehmen darf, ohne danach sitzen zu müssen, ist Platz. (Heinz Erhardt)

  • Oki, bin leider nicht so gut wie Captn / Timmy

    dann baut das Ding doch einfach. Wenn Ihr das Ding funktionierend für € 50.- hinkriegt, kaufe ich das Modell mit der Seriennummer 00000001 und werde Generalimporteur für die CH.

    Good logistics alone can’t win a war. Bad logistics alone can lose it.

  • Wenn man die Lernphase, die Arbeitszeit, die Fehlproduktionen, ... nicht rechnet könnte es sich vielleicht um 50 € ausgehen. Natürlich ohne Lagerung/Werbung/Transport ...
    Ich glaube es zahlt sich nur dann aus (das selber basteln) wenn man ungewöhnliche Außenmaße, mit Ecken und Einbuchtungen und so hat. So wie die Eiskästen im Wohnmobil. Die sind im Normalfall ja auch nicht Standard.
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    Ich bin lieber auf etwas vorbereitet was nie passiert als nachher überrascht da zu stehen.

  • im alten "Hess - Wiener Küche" wird die Anwendung der Kochkiste erklärt, sie "...bewirkt eine noch viel zu wenig gewürdigte Ersparnis an Heizmaterial und an Arbeitszeit, da entsprechend angekochte und in diese Sparvorrichtungen gebrachte Speisen, ohne daß für ihre endliche Fertigstellung eine weitere Aufsicht oder Mühewaltung notwendig wäre, garwerden und warm erhalten bleiben. ..." "...Die Grundbedingung ist, daß die Speisen wenigstens 5 bis 10 Minuten bei geschlossenem Topfe sich in Siedehitze (100 Grad Celsius) befand, daß der Topf hierauf nicht mehr geöffnet und sofort in die Kochkiste gebettet und diese möglichst gut verschlossen wird. ..."
    Als besonders geeignete Gerichte werden "...Suppen, Sauerkraut, Reis, Graupen, Hülsenfrüchte, Siedefleisch, gedünstete Fleischspeisen (Gulyas, Zwiebelfleisch u.a.) und allerlei Mehlspeisen..." empohlen.
    (Quelle: Olga und Alfred Hess, Wiener Küche - Sammlung von Kochrezepten. 22. Auflage 1931, Zitat aus den Worterklärungen, Seite LXXXIII und LXXXIV)
    zur Selbstherstellung von Kochkisten wird "Schupplis Grabnerhof-Kochbuch für die Kochkiste" empfohlen - hab grad geschaut, antiquarisch gibt es hier momentan 1 einziges Exemplar auf Ebay. (von der alten Hess-Ausgabe gibts antiquarisch einige Exemplare, allerdings geht hier der Preis bei 60 Euro los und endet bei 180 Euro)
    wer sich den Hess anschauen mag, ich nehm meinen zum nächsten Linzer Prepperstammtisch am 13. Februar mit [Blockierte Grafik: http://img.homepagemodules.de/smile.gif]

    EDIT: hier ist auch noch ein netter Artikel zur Nachkriegsküche: klick

    liebe Grüße, Betula


    falls die Welt untergeht, muß noch lange nicht die Welt untergehen.

  • Grimm, die habe ich letztens auch gefunden. Da werden wir wohl eher mal im Frühjahr sowas ähnliches nachbauen und ausprobieren. Die Preise sind gschmalzn^^

    Das Einzige, das man sich jederzeit nehmen darf, ohne danach sitzen zu müssen, ist Platz. (Heinz Erhardt)

  • Die funktioniert nicht nur gut, sondern ist auch ein schönes Küchenmöbel. Der Preis ist ja wirklich nicht ohne, aber von der Arbeit her gerechtfertigt. Ein ideales Ding das man sich ja schenken lassen kann. (ein glattes, pflegeleichtes Möbel mit Funktion statt mehrerer "Staubfänger" oder einiger Karton "schöner Weine".

  • Heute habe ich meine liebe Frau "preppermässig" bekocht.

    MIT NUR 60 GRAMM BRENNSPIRITUS

    bereitete ich 2 x 2 Tassen Frühstückskaffee
    und ein dreigängiges Mittagsmenü für 2 Pers. bestehend aus
    Rindsuppe mit Backerbsen,
    Beinfleisch, gedünstete Karotten und Erdäpfel,
    und einen süßen Brei.
    [[File:Ankochen (3).JPG|none|auto]]

    Kaffeewasser erhitzt und für die Kochkiste "angekocht" habe ich auf den simplen Trangia Brenner.
    [[File:Beinfleisch.JPG|none|auto]]

    Damit die Karotten nur gedünstet werden und nicht den Suppengeschmack beeinträchtigen habe ich diese in ein mit Wasser gefülltes Glas gefüllt
    (ich glaube das war in Bezug auf die Kochkiste eine Erfindung von mir).
    [[File:Beinfleisch.JPG|none|auto]]

    Als Abschluss gab es einen süßen Brei.

    Während die Kochkiste arbeitete gingen wir spazieren.
    ZUSATZ 1
    Mit 1 Liter Spiritus kann ich 15 mal Frühstückskaffee zubereiten und an 15 Tagen ein vergleichbares Menü kochen.
    ZUSATZ 2
    Noch weniger Spiritus würde ich brauchen wenn ich anstelle des Rindfleisches Würstel oder Corned Beef aus der Dose nehmen würde.
    ZUSATZ 3
    Noch weniger würde ich brauchen wenn ich vegetarisch zubereiten würde.
    (Diesen Versuch werde ich aber nicht machen)

    LG
    Grauer Wolf
    der nur "einfach-einfach leben" will