Als ich vor ein paar Jahren zum ersten Mal von Fußlappen (auf Russisch: Portyanki / портянки) zum ersten Mal von Fußlappen gehört habe, dachte ich mir: WTF?!? Die russische Armeeführung hatte nämlich (gegen den Protest von Teilen der Aktiven und Reservisten) beschlossen, die seit über 300 Jahren gebräuchlichen Fußlappen durch modernes Teufelszeug namens „Socken“ ersetzt haben.
Zwischenzeitlich ging dieses Wissen aber wieder in den Untiefen meiner grauen Zellen verloren, bzw. ist ganz nach unten gesickert und hat dort jahrelang friedlich geschlummert. Bis ich mir (weil ich demnächst auf mein erstes LARP fahre) Gedanken über mittelalterliche Kleidung (und zwar von Kopf bis Fuß) gemacht habe. Und siehe da: Neben Bruche, Beinlingen, Gugel und Tunika kam plötzlich der Fußlappen wieder in mein Bewusstsein.
Ich habe mich daher die letzten Tage mit dem Thema auseinandergesetzt (Vor- und Nachteile, Wickeltechnik(en), …).
Lt. einem YT-Video hat vor ein paar Jahren auch die finnische Armee bei der Ausschreibung für neue Socken Fußlappen außer Konkurrenz mit getestet. Und sie in so gut wie allen Belangen als Überlegen gegenüber Socken (auch den modernen) bewertet. Einziger Nachteil und Dealbreaker: Im Gegensatz zu Socken muss man das Anlegen lernen. Ein anscheinend wochenlanger Prozess…
Fußlappen gibt es in zwei Haupt- und zwei Subkategorien:
- Quadratisch (ca. 40x40 – 45x45cm) und
- Rechteckig
(ca. 35x100cm)
sowie
- Sommer-Fußlappen (Baumwolle/Leinen bzw. Mischgewebe) und
- Winter-Fußlappen (Wolle oder Baumwolle/Wolle-Mischgewebe)
Die quadratischen sind praktischer für halbhohe Schuhe, die Rechteckigen gehen etwas höher ans Bein und sind daher für Stiefel besser geeignet.
Vor- und Nachteile von Fußlappen:
+ Sie sind leicht zu waschen und trocknen rascher (da der Stoff einfach aufgebreitet werden kann, während Socken immer Doppelt sind)
+ Die Standardgröße passt fast für jeden (Erwachsenen)
+ Kein Elastikband, das irgendwann einfach aufgibt, speziell unter Hitze
+ Sie können leicht improvisiert werden
+ Sie halten viel länger als Socken, weil die stark beanspruchten Stellen (insbesondere unter den Fersen) einfach durch Rotation „ausgetauscht“ werden können.
+ Auch größere Schuhe/Stiefel können damit getragen werden (speziell in der russischen Armee sicher ein massiver Vorteil)
- Anlegen dauert länger und ist schwieriger
- Mehr Gewicht*)
- Falsch gewickelte Fußlappen können Hautreizungen bis hin zu Blasen verursachen bzw. die Haut Wund scheuern.
*) Da Fußlappen leichter trocknen, kann bei längeren Wanderungen auf ein zusätzliches Paar Socken verzichtet werden, was das Zusatzgewicht relativiert. Und: Es geht kein Platz im Rucksack dafür drauf!
Ein weiterer Vorteil: Wenn man länger marschiert, kann man rechteckige Fußlappen (z. B. zu Mittag) einfach „umwickeln“, so dass der Teil, der vorher um die Füße gewickelt war und eher feucht ist dann oben bei den Waden ist und dadurch trocknen kann, während der vormals trockene obere Teil nun wieder Fußschweiß aufnehmen kann.
Ein hervorragendes Dokument dazu ist unter https://cultmix.ru/en/eto-pole…t-diletanta-estimata.html zu finden.
Zusätzlich gibt es im Internet zahlreiche Videos (zumeist auf Englisch; einfach „foot wraps“ in die Suchmaschine des geringsten Misstrauens eingeben), wo das Anlegen hergezeigt und auch gerne darüber palavert wird.
Ich hab‘ mir gestern mal zwei Paar (einmal quadratisch, einmal rechteckig) „hergestellt“ (aka: Stoff in Quadrate geschnitten) und bin gerade am Anlegen-Üben. Wenn das mal funktioniert (es wird schon; wichtig ist, dass zumindest unter der Sohle keine Falten sind) dann gehe ich mal die ersten kleinen Wanderungen damit.
Hat von euch jemand Erfahrung damit? Kannte die überhaupt wer? Ist das was, was euch überhaupt interessiert – oder führt für euch kein Weg an Socken vorbei?